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02.05.2020
In Zeiten von Corona haben wir unsere Gartenberatung weiterhin über das Infotelefon,
samstags zwischen 9 und 12 Uhr, durchgeführt. Eine Anruferin bezog sich auf
unterschiedliche Ansichten von ihren Nachbarn und Gartenfreunden zur Robinie. Sie steht
ebenso wie die Silberlinde im Kreuzfeuer.
Die Robinie
Die Robinie gehört zu den fremdländischen Baumarten, um deren Für und Wider trefflich
gestritten wird. Aus diesem Grunde möchten wir hier etwas ausführlicher auf diesen Baum
eingehen. Zunächst zu den gegebenen Vorzügen. Seit über 300 Jahren wird sie überall in
Europa in Parks und Gärten gepflanzt und ist längst durch Verwilderung weit verbreitet. Sie
kann Luftstickstoff fixieren und dem Boden zuführen. Sie besitzt ein hohes
Kohlenstoffspeicherpotential, ist anspruchslos und sehr anpassungsfähig. Sie toleriert auch
extreme Hitze- und Dürreperioden und wird unter den anstehenden Klimaänderungen sehr
wahrscheinlich noch eine wichtige Rolle spielen. Dies hat sie uns beispielhaft in den Hitze-
und Dürrejahren 2018 und 2019 selbst unter urbanen Bedingungen eindrücklich bewiesen.
Im urbanen Raum hat die Robinie seit langem einen festen Platz – wegen ihrer attraktiven
Blüte, der nicht allzu dichten Belaubung, der anfänglichen Raschwüchsigkeit, der
kontrollierbaren Kronengröße und ihrer Salztoleranz. Bei Bienenzüchtern ist die Robinie sehr
geschätzt für die Honigproduktion. Übrigens gilt das Holz als guter Ersatz für Tropenhölzer.
Allerdings bildet sie keine geraden Stämme aus. Die Robinie hat ein extrem schnell
wachsendes, die Bodenoberfläche festigendes Wurzelwerk, das in lockerem Substrat mehr
als 7 m in die Tiefe geht und infolgedessen gegenüber Dürreperioden besonders gut
gewappnet ist. Sie gewährt damit zudem einen exzellenten Erosionsschutz. Sie bietet Schutz
und Höhlen für Vögel, auch für Insekten. Sie ist eine Pionierbaumart für karge Standorte.
Nun zu ausgewählten Gegenargumenten. Die Robinie sollte aus Sicht der Gegner so
konsequent wie möglich bekämpft werden. Ihr Konkurrenzvorteil, nämlich Luftstickstoff
fixieren und dem Boden zuführen zu können, verkehrt sich aus Sicht des Naturschutzes ins
Gegenteil: Durch die Stickstoffanreicherung werden seltene Pflanzen von anderen
Krautpflanzen wie Brennnesseln verdrängt. Deshalb wird die Robinie auf speziellen
Standorten aus Sicht des Naturschutzes nicht geschätzt. Die Robinie ist giftig, hat Dornen
und erzeugt viel Wurzelbrut, was ihre Bekämpfung erschwert. Die Robinie ist der mit
Abstand häufigste Neophyt im Wald und verhält sich in warm-trockenen Waldlagen invasiv.
Sie kann sensible Ökosysteme wie Trockenwiesen, ehemaligen Auenwald sowie trockene
Wälder besiedeln.
Fazit
Aus Gegenden Europas mit höheren Temperaturen und knappen Sommerniederschlägen,
zum Beispiel Ungarn, Frankreich, Italien oder Rumänien, wird vorwiegend Positives über die
Robinie berichtet. In Deutschland wird die Robinie am häufigsten in Brandenburg und
Sachsen-Anhalt angebaut. Dies ist kein Zufall, denn beide Länder gehören zu den vorwiegend
trockenen Regionen in Deutschland. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der damit
verbundenen negativen Tendenzen bis hin zu versteppenden Landschaften auch in
Mitteleuropa bzw. dem gebotenen Schutz vor Bodenerosion, muss der Wert dieser
bekannten und doch ganz besonderen Baumart aus unserer Sicht neu beurteilt werden.
Auch in unserer Region (Raum Coswig) sollte ihr offensichtlicher Standortvorteil (trockener
Sandboden, wenig Niederschlag, hohe Lufttemperaturen) zur Verwendung der Robinie bei
Pflanzplanungen deutlich beitragen. Seit Jahrzehnten wächst sie hervorragend an
exponierten, extrem trocken-heißen Standorten wie in Weinbergen und dem Felsen der
Bosel. Die weiße Blüte im Mai/Juni ist sehr attraktiv, auch haben die urwüchsig wirkenden
Stämme älterer Exemplare mit ihrer dekorativ gefurchten Borke einen besonderen Reiz.
Unabhängig davon ist zu beachten, dass die Robinie in oder im Grenzbereich zu
Naturschutzgebieten nach wie vor nichts zu suchen hat.
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